Forum Selbstständige
Das Forum Selbstständige vertritt die Interessen der selbstständig tätigen Verbandsmitglieder. Dazu gehören alle Betriebsärzte, die ihre Tätigkeit freiberuflich in Niederlassung ausüben, unabhängig von dem zeitlichen Umfang, den die Arbeitsmedizin in Ihrem beruflichen Kontext spielt. Der Sprecher des Forums, Stefan Linnig, arbeitet eng mit dem Verbandspräsidenten, Dr. med. Wolfgang Panter, zusammen und vertritt das Anliegen der Selbstständigen nach innen und außen.
Erfahrungsaustausch und wissenschaftliche Fachtagungen
Das Forum Selbstständige fördert die Vernetzung und Kooperation zwischen den selbstständigen Betriebsärzten. Auch die regelmäßigen Kongresse, Tagungen und Fortbildungsveranstaltungen des Verbandes bieten Gelegenheit für den Erfahrungsaustausch und die Formulierung von Interessen. Darüber hinaus lädt das Forum Selbstständige zu regelmäßigen Treffen am Rande der Regionalforen ein, um voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu unterstützen und den fachlichen und persönlichen Austausch zu verbessern.
Selbstständige Betriebsärzte betreuen einen wesentlichen Teil der berufstätigen Bevölkerung, da viele Unternehmen auf Grund ihrer Größe keine festangestellten Betriebsärzte einstellen (wollen). Im Forum wird den arbeitsmedizinischen und betriebswirtschaftlichen Besonderheiten der Selbständigkeit Rechnung getragen.
Regionale Mentoren vernetzen und beraten
Um den Austausch von Erfahrungen und Wissen und die Vernetzung selbstständiger Betriebsärzte noch weiter zu verbessern, unterstützt das Forum Selbstständige niederlassungswillige und bereits niedergelassene Betriebsärzte mit Rat und Tat. Das betrifft vor allem Fragen, die bei Praxisneugründungen, -abgaben oder -übernahmen und bei gesetzlichen Neuerungen auftreten, sowie Fragen der Vertragsgestaltung und steuerliche Themen. Kernstück dieses Angebotes ist der jährliche Workshop für Selbstständige beim Deutschen Betriebsärzte-Kongress.
Corona-Pandemie
Das Forum Selbstständige hat ausführliche Informationen und nützliche Arbeitshilfen für selbstständige Betriebsärzte in Zeiten der Corona-Pandemie zusammengestellt.
Protokolle
Mehr Chancen als Risiken: selbstständige Arbeitsmediziner optimistisch
Durch die günstige Auftragslage entscheiden sich immer mehr Betriebsärzte, freiberuflich zu arbeiten. Während die in der kurativen ambulanten Medizin tätigen Kollegen zunehmend unzufrieden mit den Arbeitsbedingungen und dem wirtschaftlichen Erfolg ihrer Praxen sind, zeigen sich selbstständige Betriebsärzte überwiegend optimistisch.
selbstständiger Facharzt/Fachärztin für Arbeitsmedizin, Arzt/Ärztin mit Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ in vollzeitiger betriebsärztlicher Tätigkeit
selbstständiger Facharzt/Fachärztin für Arbeitsmedizin, Arzt/Ärztin mit Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ in teilzeitiger betriebsärztlicher Tätigkeit
selbstständiger Facharzt/Fachärztin anderer Fachrichtung, z.B. Allgemeinmedizin oder Innere Medizin mit zusätzlicher arbeitsmedizinischer Fachkunde und in teilzeitiger betriebsärztlicher Tätigkeit
angestellter Facharzt/Fachärztin für Arbeitsmedizin oder Facharzt anderer Fachrichtung in teilzeitiger freiberuflicher betriebsärztlicher Tätigkeit
Betriebsarzt/Betriebsärztin, der auf Honorarbasis voll- oder teilzeitig einen großen Betrieb betreut
Betriebsarzt/Betriebsärztin, der freiberuflich mehrere Betriebe betreut
Betriebsarzt/Betriebsärztin ohne angestellte / mitarbeitende Personen
Betriebsarzt/Betriebsärztin mit angestellten Ärzten und / oder Assistenzpersonal
Praxisgemeinschaft
Gemeinschaftspraxis
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Die Motivationen, sich als Betriebsarzt selbstständig zu machen, sind verschiedenartig: bewusst und aktiv gestaltend oder auch zunächst gezwungenermaßen. Vollzeitig betriebsärztlich Tätige, die sich niederlassen, nennen den Wunsch, eigenverantwortlich arbeiten zu wollen und unabhängig zu sein. Die freie Gestaltungsmöglichkeit von eigenen Zielen und den Wegen dorthin, von Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten und nicht zuletzt die Möglichkeit, die Beziehungen zu Vertragskunden, Probanden und Mitarbeitern selber bestimmen und pflegen zu können, gehören dazu. Schließlich wird vermutet, in der Freiberuflichkeit ein höheres Einkommen als in angestellter Tätigkeit erzielen zu können. Bei ehemals fest angestellten Werkärzten führt die Ausgliederung der betriebsärztlichen Betreuung aus großen Unternehmen dazu, dass sie ihre eigene Abteilung nun selbstständig am Markt positionieren müssen. Weiterhin nennen viele niedergelassene Kollegen Unzufriedenheit mit ihrer kassenärztlichen Tätigkeit als Grund, sich mehr der betriebsärztlichen Betreuung zuzuwenden. Darüber hinaus nutzen selbstständige Kollegen die Option, als Betriebsarzt teilzeitig arbeiten zu können. Es gibt aber auch eine unternehmerische Sicht: Der Wunsch der Unternehmen nach langjähriger Betreuung durch einen Betriebsarzt verstärkt den Trend zur Auswahl eines ortsansässigen niedergelassenen Kollegen, von dem man nicht befürchten muss, dass er seine Funktion nach kurzer Zeit niederlegt. Mit ihm steht dem Unternehmen ein für alle vertraglichen und fachlichen Fragen verantwortlicher Ansprechpartner unmittelbar zur Verfügung, was die Kommunikation aus deren Sicht erleichtert. Auch erwartet man vom Betriebsarzt als „eigenem Unternehmer“, dass er für ökonomische Aspekte unternehmerischen Handelns besonders sensibel ist. Schließlich werden in der Region bekannte und beliebte kurativ tätige Kollegen bei vorhandener arbeitsmedizinischer Fachkunde gerne als Ärzte des Vertrauens verpflichtet.
Über das hohe Durchschnittsalter deutscher Arbeitsmediziner ist oft berichtet worden. Die in den nächsten Jahren ausscheidenden Betriebsärzte sind vielfach niedergelassen tätig und werden Nachfolger suchen, die ihr Lebenswerk fortführen. Eine weitere Chance liegt in den drastischen Veränderungen im Gesundheitswesen, dem demografischen Wandel und dem höheren Renteneintrittsalter. Diese Entwicklungen lassen erwarten, dass uns Betriebsärzten in der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention zusätzliche Aufgaben zuwachsen. Als Beispiel sei hier das Präventionsschutzgesetz genannt. Wir sehen das daran, dass das Gesundheitsmanagement selbst in Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrisen dauerhaft und nachhaltig an Bedeutung gewinnt. Sein zentraler Akteur ist der Betriebsarzt. Um diese Rolle als Berater, Initiator und Moderator überzeugend erfolgreich zu erfüllen, sind zuverlässig geknüpfte und langfristig gepflegte Beziehungen unverzichtbar. Dies gelingt durch konstante, jahrelang gewachsene Betreuung. Deshalb werden sich Unternehmen ihren arbeitsmedizinisch qualifizierten, zuverlässigen, ortsnahen „Hausarzt“ für ihren Betrieb suchen, der sich mit ihm identifiziert. Das alles zeigt: Gute Betriebsärzte werden dringend gesucht und langfristig gebraucht! Gewiss: Als Billigprodukt sind deren Leistungen nicht zu haben. Ihre qualitativ hochwertige und nachhaltig wirksame Erbringung setzt ärztliche Erfahrung, Kontinuität der Beziehungen zu den betrieblichen Beteiligten, gewachsenes Vertrauen und zeitliche Ressourcen voraus und hat deshalb ihren Preis. Wer als Betriebsarzt Probleme nicht nur benennt, sondern Lösungen mitgestaltet, ist für Unternehmen unverzichtbar. Er wird geschätzt, geachtet und angemessen honoriert.
Wichtigster Erfolgsfaktor: Man braucht Begeisterung für die Tätigkeit mit den vielfältigen menschlichen Kontakten, fachlichen Herausforderungen und aktiven Einflussmöglichkeiten auf individuelles Verhalten und betriebliche Verhältnisse. Das muss beim ersten Kontakt mit der Geschäftsleitung und beim letzten Händedruck nach einem Gesundheitstag rüberkommen. Der freiberuflich tätige Betriebsarzt benötigt Kompetenzen, Qualifikationen und Erfahrung, um Entscheidungen fundiert treffen und vertreten zu können. Selbstverständlich ist die arbeitsmedizinische Fachkunde, von Vorteil ist eine Spezialisierung, die den Niedergelassenen zusätzlich attraktiv macht, z.B. durch sozial-, verkehrs-, flug-, umwelt-, oder reisemedizinische Qualifikation. Unverzichtbar sind Kontakte zu Betrieben, aus denen sich Kundenbeziehungen ergeben. Ohne jeden derartigen Anknüpfungspunkt wäre von einer Niederlassung abzuraten. Sind solche Verbindungen aber erst hergestellt ergeben sich rasch neue Kontakte, ein Image entsteht und weitere Kunden kommen dazu. Die Praxis sollte über fachkundiges und gut ausgebildetes Assistenzpersonal verfügen, das delegierbare Leistungen zuverlässig übernimmt. Hierdurch wird auch die Erreichbarkeit wenigstens zu den üblichen Geschäftszeiten sichergestellt. Dabei ist wertschätzende Mitarbeiterführung, klar strukturierte Organisation und angemessene Bezahlung eine wichtige Voraussetzung für Funktionsfähigkeit und gutes Klima im eigenen Betrieb. Obwohl sich selbstständige betriebsärztliche Tätigkeit vielfach in den Betrieben abspielt, sind Praxisräume meiner Auffassung nach wichtig. Auf diese Weise können Untersuchungen und Gespräche auch außerhalb der Unternehmen angeboten werden. Außerdem besteht die Möglichkeit für Begutachtungen von Mitarbeitern nicht vertraglich verbundener Betriebe. Selbstverständlich müssen alle Geräte und ein Laboranschluss verfügbar sein, die zur Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen notwendig sind. Schließlich empfiehlt sich die Einrichtung einer eigenen Website. Vor der ersten Kontaktaufnahme steht für viele Verantwortliche im Betrieb heute der Klick auf die Homepage.
Völlig risikolos ist eine Niederlassung natürlich nicht. Besonders die Vereinzelung wird immer wieder beklagt: Das wirkt sich besonders bei Fragen der Vertragsgestaltung mit Kunden, dem Bezug von teuren und doch wenig genutzten Räumen, die wegen der Tätigkeit in den Betrieben vielfach ungenutzt bleiben, der Gerätenutzung und dem Informations- und Erfahrungsaustausch aus, z.B. zu fachlichen Themen oder gesetzlichen Änderungen. Das führt dazu, dass jeder seine eigenen Verträge und für den Alltag Formulare bastelt. Aber auch, dass im Falle von Urlaub und Krankheit die Vertretungsfrage schwerer als in größeren betriebsärztlichen Einrichtungen zu lösen ist, wird immer wieder als Nachteil der Selbstständigkeit genannt. Schließlich tun sich ältere Kollegen schwer mit der Abgabe ihrer Praxen an geeignete Nachfolger. Um der Vereinzelung zu entgehen, sich z.B. bei Personal, Räumen, Geräten, Homepagegestaltung, Marketing, Werbung und Vertrieb zu helfen, zu beraten und zu unterstützen, sind regionale und überregionale Netzwerke geknüpft worden. Der Berufsverband VDBW bietet hier auch die Möglichkeit der Vernetzung in der Region und Überregional. Aber auch die Zusammenarbeit z.B. in Form einer Praxisgemeinschaft, Gemeinschaftspraxis oder einer GmbH ist zukunftsweisend. Ohne ausreichenden arbeitsmedizinisch qualifizierten Nachwuchs wird es in Zukunft allerdings nicht gehen. Deshalb sollten Famulaturen in der Arbeitsmedizin überhaupt wieder- hier verweisen wir auf entsprechende Initiativen des VDBW - und dabei auch in Praxen von niedergelassenen Kollegen ermöglicht und anerkannt werden, um Studierende auf diese zukunftsweisende Form ärztlicher Tätigkeit aufmerksam zu machen. Gleichzeitig sind freiberufliche Kollegen aufgefordert, bei den Landesärztekammern Weiterbildungsermächtigungen zu beantragen, um junge Ärzte an die Arbeitsmedizin heranzuführen. Die Befassung mit der Rechnungsstellung, nachhaltiger betriebswirtschaftlicher Führung, Personalabrechnungs- und Versicherungsfragen sowie steuerlichen Themen stößt manchen Niedergelassenen ab. Bei rechtlichen, steuerlichen und Fragen der Personalführung hat es sich bewährt, Berater hinzuzuziehen. Auch der niedergelassene Betriebsarzt sollte sich auf das konzentrieren, was er kann, und das, was er nicht beherrscht, andere Profis überlassen. Diese Vorgehensweise ist rationeller als der Versuch, in einem komplexen Umfeld alles selber regeln zu wollen. Schließlich ist der freiberufliche Betriebsarzt viel unmittelbar betroffen, wenn Betriebe wegziehen, schließen oder aus anderen Gründen kündigen. Bei sehr großen Kunden kann sich dies existenzbedrohend auswirken. Es empfiehlt sich deshalb, bei der Kundenstruktur auf eine gute Mischung großer und kleiner Betriebe unterschiedlicher Branchen hinzuarbeiten und auch bei guter Auslastung immer die Augen offen zu halten nach bisher nicht oder unbefriedigend betreuten Unternehmen.
Alle Argumente, Erfolgs- und Risikofaktoren, aber auch Gespräche mit niedergelassenen Betriebsärzten legt folgenden Schluss nahe: Die Tätigkeit als niedergelassener Betriebsarzt ist fachlich und wirtschaftlich erfolgreich, für Betriebe und Ärzte zukunftsweisend und persönlich befriedigend gestaltbar. Dr. med. Michael Vollmer, Juni 2017 Überarbeitung durch Stefan Linnig; MPH (Sprecher des Forums Selbstständige)
Ansprechpartner
Vorsitz
Stefan Linnig, MPH
Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V.
Friedrich-Eberle-Str. 4 a
76227 Karlsruhe
stefan.linnig(at)vdbw.de
Stellvertretung
Dr. Med. Jan Berner
stv. Sprecher des Forum Selbstständige | stv. Vorsitzender VDBW Landesverband Saarland
jan.berner(at)vdbw.de
Dr. med. Anna Böss
Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V.
Friedrich-Eberle-Str. 4 a
76227 Karlsruhe
anna.boess(at)vdbw.de