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Exit-Strategie: Sachverstand der Betriebs- und Werksärzte einbeziehen

In einer gemeinsamen Aktion der Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo), des Verbandes Freier Berufe (VFB) im Lande Nordrhein-Westfalen und des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) haben wir uns am 10. April 2020 an den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) gewandt und am 14. April eine gemeinsame Pressemitteilung veröffentlicht.

Für uns als Betriebsärzte ergeben sich drei wesentliche Aufgabenstellungen:

I.    Gefährdungsbeurteilung zum Ziele der Risikominimierung
Weil Betriebsärzte die betrieblichen Besonderheiten kennen, können sie im Zuge einer Gefährdungsbeurteilung entscheiden, welche konkreten Maßnahmen in der industriellen Produktion, im Einzelhandel oder bei Dienstleistungen medizinisch und hygienetechnisch notwendig und geboten sind, um das Infektionsrisiko mit SARS-CoV-2 zu minimieren. Bei der Ableitung der Schutzmaßnahmen aus der Gefährdungsbeurteilung folgt die Hierarchie dem STOP-Prinzip.

  1. Substituieren (Ersetzen) von Gefahrenquellen
  2. Technische Maßnahmen
  3. Organisatorische Maßnahmen
  4. Personenbezogene Maßnahmen

Bei einer Lockerung der tiefen Einschnitte in das Wirtschaftsleben können die Betriebs- und Werksärzte eine sehr wichtige Rolle spielen. „Diese Ärzte sind mit ihrem Fachwissen und ihrer Verantwortung die Garanten dafür, dass differenziert und für die Gesellschaft nachvollziehbar die betrieblichen Aktivitäten aufgenommen werden können, ohne dass Infektionen mit dem Coronavirus dadurch erhöht in Kauf genommen werden“, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben der Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo), des Verbandes Freier Berufe (VFB) im Lande Nordrhein-Westfalen und des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) an den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet.

 

II.    Besonders schutzbedürftige Personen
Neben der systembezogenen Beratung kümmern sich Betriebs- und Werksärzte um besonders schutzbedürftige Personen. Dazu gehören nach RKI

  • ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für schweren Verlauf ab etwa 50–60 Jahren)
  • Raucher
  • Personen mit bestimmten Vorerkrankungen
    • des Herz-Kreislauf-Systems (z. B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck)
    • chronische Erkrankungen der Lunge (z. B. COPD)
    • Patienten mit chronischen Lebererkrankungen)
    • Patienten mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
    • Patienten mit einer Krebserkrankung
    • Patienten mit geschwächtem Immunsystem (z. B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch die regelmäßige Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr beeinflussen und herabsetzen können)

Für diese Personengruppen gilt es, adäquate risikospezifische Maßnahmen abzuleiten.

 

III.    Immunität
Der VDBW vertritt außerdem die Auffassung, dass Betriebsärzte Antikörpertestungen durchführen sollten, um Personen mit Immunität zu identifizieren und wieder in Beschäftigung bringen zu können. Dies gilt, sobald valide Tests vorliegen. Zum jetzigen Zeitpunkt (16.4.20) ist dies allerdings noch nicht der Fall.


Umsetzungsvorschlag
Konkret fordern die ÄkNo, der VFB und der VDBW in einer E-Mail an NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart und NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann:

„Für die Wiederöffnung eines Wirtschaftsunternehmens, Geschäfts, Beherbergungsbetriebs oder einer Gaststätte oder von Teilen davon ist der unteren Gesundheitsbehörde ein gegen die Ausbreitung des Corona-19-Virus gerichteter, für die betriebliche Praxis bindender Hygieneplan zur Genehmigung vorzulegen, der von der zuständigen Betriebsleitung und einem für den Betrieb bestellten Arbeitsmediziner oder Betriebsarzt/Werksarzt zu unterzeichnen ist. Weitere in Kraft befindliche Hygiene-Regeln bleiben davon unberührt. Ohne die Zustimmung des Arbeitsmediziners oder Betriebsarztes/Werksarzt zu dem ihr vorgelegten Hygieneplan kann die Genehmigung der unteren Gesundheitsbehörde nicht erteilt werden. Ohne Genehmigung der unteren Gesundheitsbehörde kann der Betrieb nicht wieder aufgenommen werden, soweit dieser in Folge von Maßnahmen des Infektionsschutzgesetzes oder anderer in diesem Kontext beschlossenen Gesetze oder Verordnungen geschlossen oder beschränkt ist.

„Wir bitten Sie, dies als professionellen Beitrag zur einer sorgfältig moderierten Exitstrategie in Ihre Überlegungen einzubeziehen“, schreiben Bernd Zimmer, Vorsitzender des VFB, Rudolf Henke, Präsident der ÄkNo und Dr. Wolfgang Panter, Präsident des (VDBW), an die beiden Landesminister und deren Staatssekretäre. „Gleiches Vorgehen kann und muss für die Wiederinbetriebnahme aller anderen Betriebe in NRW gelten, um nicht Gefahr zu laufen, eine zweite Welle von Infektionen loszutreten“, heißt es in dem Schreiben weiter.