
Homeoffice in Zeiten der Pandemie
Bereits vor der SARS-CoV-2-Pandemie haben Beschäftigte von zu Hause aus gearbeitet. Aufgrund der Pandemie ist die Anzahl derer, die im Homeoffice arbeiten, deutlich gewachsen. In vielen Unternehmen ist aktuell sogar ein Großteil der Mitarbeiter im Homeoffice. Diese Art, die Arbeit auszuführen, bringt spezielle Belastungen mit sich. Betriebsärztinnen und Betriebsärzte sind wichtige Partner in der Beratung der Unternehmen und Beschäftigten rund um das Thema Homeoffice.
Wie ist Homeoffice einzuordnen?
Nach der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel des BMAS fällt Homeoffice in Zeiten der Pandemie unter mobile Arbeit. Es gelten alle arbeitsschutzrechtlichen Regelungen außer die Arbeitsstättenverordnung. Der Arbeitgeber muss daher eine Gefährdungsbeurteilung und Unterweisungen durchführen und für sicheres Arbeiten sorgen, ist aber nicht verpflichtet, den häuslichen Arbeitsplatz auszustatten. Mobiles Arbeiten ist abzugrenzen von Telearbeit, die in der Arbeitsstättenverordnung geregelt ist. Wenn Homeoffice nach Ende der Pandemie weitergeführt werden soll, muss eine Neubewertung auf Grundlage der dann geltenden Regelungen stattfinden.
Vor- und Nachteile von Homeoffice
Im Zuge des andauernden zweiten Lockdowns mit weiterhin hohen SARS-CoV-2-Infektionszahlen wird der Ruf nach einem Recht auf Homeoffice immer lauter. Laut Süddeutscher Zeitung arbeitet derzeit ein Fünftel der Beschäftigten in Deutschland im Homeoffice, maximal 40 Prozent könnten es laut Institut der Deutschen Wirtschaft sein, denn in einigen Branchen, wie dem produzierenden Gewerbe, stößt die Durchführung an ihre Grenzen.
Doch das Homeoffice ist in dieser besonderen Situation nicht nur ein Segen für Beschäftigte und Arbeitgeber, es birgt auch Nachteile. Nachfolgend haben wir einige von ihnen aufgeführt.
Vorteile
- Kontakteinschränkungen auf dem Weg zur Arbeit und im Büro sind in Zeiten der Pandemie das schlagende Argument, weil Infektionsrisiken dadurch minimiert werden
- Mehr Flexibilität für den Beschäftigten im Falle von Vertrauensarbeitszeit
- Keine Ablenkung durch Kollegen, höhere Konzentration durch ein ruhigeres Arbeitsumfeld als im Großraumbüro
- Zeit- und Kostenersparnis
- Arbeitswege fallen weg, Spritkosten oder das Ticket für den ÖPNV kann eingespart werden, für den Arbeitgeber kann sogar ein Arbeitsplatz im Büro eingespart werden
Nachteile
- Mangelnde Ergonomie erfordert erhöhte Gesundheitskompetenz der Beschäftigten
- Homeoffice begünstigt Vereinsamung durch fehlende soziale Kontakte:
- Erschwerter Informationsfluss durch Kontakteinschränkungen, Flurfunk fällt weg
- Homeoffice erfordert ein höheres Maß an Motivation, Selbstständigkeit und Zeitmanagement, um sich von häuslichen Faktoren wie Hausarbeit oder Familie nicht ablenken zu lassen
- Fehlende Abgrenzung von Beruf und Privatleben
- Homeoffice kann zum Karriereknick führen, weil der Mitarbeitende für den Vorgesetzten weniger „sichtbar“ ist
Betriebsärztinnen und -ärzte können durch ihre Beratung dazu beitragen, das Arbeiten im Homeoffice sicher und gesund zu gestalten.
Homeoffice – Anregungen für Ihre betriebsärztliche Beratung
Die Beratung der Beschäftigten im Homeoffice stellt besondere Herausforderungen. Dabei gibt es Handlungsfelder, die Betriebsärztinnen und -ärzte selbst besetzen können und andere, die, so zeigt die Erfahrung, vorwiegend zusammen mit internen und externen Kooperationspartnern bearbeitet werden. Eine Rolle spielt hier auch die Betriebsgröße. Gerade bei großen Unternehmen ist das Thema Homeoffice in vielen Bereichen präsent und wird auch dort bearbeitet, z. B. im HR-Bereich oder im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. In kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) hingegen besteht vielfach noch Handlungsbedarf, die oft mit einer Sensibilisierung für bestimmte Themen beginnt. Ein wichtiges Instrument bei der Beratung der Beschäftigten ist auch im Homeoffice die arbeitsmedizinische Vorsorge.
Beschäftigte im Homeoffice sind nur über digitale Medien zu erreichen. Dies sollte auch die betriebsärztliche Beratung berücksichtigen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, hängen aber auch von den jeweiligen Kapazitäten ab. Folgende Themen und Formate sind prinzipiell denkbar:
Erstellung eines Infoblattes: Ihr Betriebsarzt – unser Service für Sie im Homeoffice (mit Hinweisen zu vorhandenen Beratungsangeboten, arbeitsmedizinischer Angebotsvorsorge bei Bildschirmtätigkeit und Wunschvorsorge bei gesundheitlichen Beschwerden in Zusammenhang mit dem Homeoffice usw.)
Die arbeitsmedizinische Vorsorge sollte ggf. telemedizinisch erfolgen.
Weiterführende Infos z. B. unter
SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel des BMAS
– Technische Ausstattung und Datenverbindung ausreichend
– Vorhandensein und Anwendung von Meeting-Tools und Meeting-Formaten (virtuelle Team-Meetings, Feedbackgespräche, virtuelle Kaffeepause usw.)
Die genannten Punkte liegen nicht im Verantwortungsbereich des Betriebsarztes, bei Hinweisen auf Defizite können aber Hinweise auf den Verbesserungsbedarf gegeben werden.
Weiterführende Infos z. B. unter
VBG-Fachinformation: Arbeiten im Homeoffice gesund gestalten
– Infoblatt mit Hinweisen zur ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung/Struktur des Arbeitstags/Arbeitszeiten (siehe auch VDBW Infoblatt: „Ich bin im Homeoffice – 10 Tipps für das mobile Arbeiten“)
– Beteiligung an der Unterweisung zum Thema Homeoffice
– Web-Seminar oder Web-Vortrag zu Ergonomie im Homeoffice mit betriebsärztlicher Beteiligung und Angebot zur anschließenden individuellen Beratung (bei Wunsch der Beschäftigten eventuell mit virtuellem Arbeitsplatzcheck)
Die Situation des Arbeitens im häuslichen Umfeld oft ohne einen voll ausgestatteten Arbeitsplatz erfordert Kreativität und fachliche Unterstützung, um den Arbeitsplatz trotzdem so ergonomisch wie möglich zu gestalten.
Weiterführende Infos z. B. unter
– VBG-Fachinformation: Arbeiten im Homeoffice gesund gestalten
– Faltblatt VBG-Info „Gesund arbeiten am PC“
– DGUV "Checkliste für ergonomisches Arbeiten im Homeoffice" Langversion (zur Kurzversion)
– Anregungen zur Bewegungsförderung z. B. durch kurze Videos (Zurückgreifen auf vorhandene Angebote oder in Kooperation mit professionellen Dienstleistern)
– Anregungen für eine bewegte Mittagspause
Aufgrund des Wegfalls des Arbeitsweges und der kurzen Wege im Homeoffice sind Bewegungsarmut und Maßnahmen, um dieser entgegenzuwirken, ein wichtiges Thema.
Weiterführende Infos z. B. unter
BGRCI: Arbeiten, Bewegen und Entspannen im Homeoffice
VBG-Info Bewegung im Büro – Fit durch den Büroalltag
- Erstellung eines Infoblattes zu gesunder Ernährung im Homeoffice
- Web-Vortrag oder Web-Seminar zu gesunder Ernährung im Homeoffice (ggf. mit externer Unterstützung)
- Virtuelle Teamevents, z.B. gemeinsames Kochen (als Anregung für das Unternehmen)
Der häusliche Arbeitsplatz verleitet zum schnellen Essen vor dem Bildschirm oder snacken zwischendurch. Ernährungstipps können hier sensibilisieren und unterstützen.
Weiterführende Infos z. B. unter
Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE
DGE: Rezeptideen für den Familienalltag in Zeiten des Coronavirus
Informationen, Web-Seminare, Coachingangebote (ggf. in Kooperation mit externen Dienstleistern bzw. durch Zurückgreifen auf vorhandene Angebote/Verweis auf externe Anlaufstellen) zu den Themen
– Ständige Erreichbarkeit
– Abgrenzung Arbeits-/Privatleben
– psychische Auswirkungen von Quarantäne
– Auswirkungen von Lockdownmaßnahmen (inklusive Homeschooling)
– gesunder Schlaf
– Resilienzförderung
Homeoffice kann vielfältige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben, die mit der permanenten Verfügbarkeit der digitalen Medien und dem Risiko der Entgrenzung, aktuell aber auch mit den besonderen Bedingungen der Pandemie zusammenhängen. Da Beschäftigte im Homeoffice aufgrund der räumlichen Distanz zum Unternehmen und der Führungskraft eine hohe Eigenverantwortung haben, ist die Förderung der Gesundheitskompetenz ein wichtiges Thema.
Weiterführende Infos z. B. unter
- AUFKURSBLEIBEN – kostenloses Resilienztraining des Leibniz-Instituts für Resilienzforschung Mainz
- Certo-Portal: Psychische Gesundheit: Tipps für das Homeoffice
- DGUV: Psychische Belastung bei Beschäftigten während der Pandemie erkennen und wirksam gegensteuern
Führen auf Distanz erfordert von der Führungskraft andere Herangehensweisen als bisher üblich. Es benötigt in der Regel auch mehr Zeit. Angebote zu Führen im Homeoffice müssen vom Unternehmen initiiert werden. Betriebsärztinnen und –ärzte können hier sensibilisieren und sich ggf. beteiligen.
Weiterführdende Infos z. B. unter
DGUV-Forum: Führung im Homeoffice – Wandel der Führungsrolle und neue Herausforderungen
– Tipps von Eltern für Eltern für Homeoffice mit Kindern
– Beschäftigungsideen für Kinder als Anregung für das Unternehmen